21. August

Besichtigung von beschädigten Grenzsteinen zwischen der Neuen Ausspanne und der Ebertswiese

 An diesem Tag fand eine Besichtigung zur Konkretisierung der Grenzsteinschäden, verursacht durch Forstfahrzeuge zwischen der Neuen Ausspanne und der Ebertswiese statt.

Anwesend waren:

  • Frau Kühnemund, Untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Gotha
  • Herr Morgenweck, Untere Denkmalschutzbehörde des Landkreises Schmal-kalden-Meiningen
  • Herr Pastowski, Regionalverbund Thüringer Wald
  • Herr Heigl, Freies Wort
  • Frau Sylvia Rüger, Rennsteigverein 1896 e.V.
  • Herr Ulrich Rüger, Rennsteigverein 1896 e.V., Hauptwegewart

Der Rennsteig steht als Sachgesamtheit unter Denkmalschutz und unterliegt somit den Bestimmungen des Thüringer Denkmalschutzgesetzes.
Der Rennsteig des Thüringer Waldes steht als Sachgesamtheit gemäß "Thüringer Gesetz zur Pflege und zum Schutz der Kulturdenkmäler" (Thüringer Denkmalschutzgesetz - ThürDSchG-) in der Fassung vom 14. April 2004 unter Denkmalschutz.

Link für die jeweils aktuelle Fassung der Gesamtausgabe: https://landesrecht.thueringen.de/perma?a=DSchG_THn

Rechtzeitig vor Beginn der Arbeiten ist sicherzustellen, dass Schäden an der Sachgesamtheit vermieden werden. Der Leisungsnehmer ist verantwortlich für die Einhaltung der Bestimmungen des ThürDSchG und hat sich in geeigneter Form vor Beginn der Arbeiten über den Umfang der im Wirkungsbereich befindlichen Denkmalbestandteile zu infomieren. Ihm obliegt die Sicherungspflicht der Einzelobjekte mit geeigneten Mitteln, die das Einzelobjekt nicht in Mitleidenschaft ziehen und beschädigen (keine Farbmarkierungen) dürfen.
Im Schadensfall besteht sofortige Anzeigepflicht durch den Verursacher. Der Verursacher ist verpflichtet, den Schaden unter Beachtung der denkmalschutzrechtlichen Richtlinien abnahmepflichtig auf eigene Kosten beseitigen zu lassen. Dabei anfallende Nebenkosten, wie Fahrtkosten, Leistungen von Gutachtern usw. sind ebenfalls vom Verursacher zu tragen.

Da der Rennsteig auf einer Länge von ca. 77 km auch die Funktion einer aktuellen Grenze zwischen Gemarkungen, Fluren, Grundstücken und Ländern besitzt, genießen die dort vorhandenen Grenzsteine einen weiteren umfangreichen Schutz, welchen wir in diese Betrachtungen mit einbeziehen müssen.
Laut Katasternachweis verläuft die aktuelle Grenze im Untersuchungsgebiet in der Mitte des Weges Rennsteig. Das bedeutet, dass alle Grenzsteine des Rennsteiges, die nördlich stehen sich in der Zuständigkeit des Landkreises Gotha und alle südlich stehenden Grenzsteine sich in der Zuständigkeit des Landkreises Schmalkalden-Meiningen befinden. Eigentümer der angrenzenden Grundstücke ist die herzogliche Familienstiftung, bzw. die Stadt Schmalkalden (s. dazu Bemerkungen bei den jeweiligen Steinen) .

Folgende gesetzliche Grundlage ist vermessungsseitig relevant:

Thüringer Vermessungs- und Geoinformationsgesetz (Thür.VermGeoG) vom 16. Dezember 2008

Par. 14 Abmarkung
(1) Grenzpunkte werden auf Antrag dauerhaft durch Grenzmarken abgemarkt (Abmarkung).
(2) Der Abmarkung neuer Grenzpunkte geht eine Grenzfeststellung oder die Bestimmung neuer Grenzpunkte durch ein Bodenordnungs- oder Enteignungsverfahren voraus. Der Abmarkung bereits im Liegenschaftskataster geführter Grenzpunkte geht eine Grenzwiederherstellung, eine Liegenschaftsneuvermessung, ein Grenzfeststellungsvertrag oder ein Grenzscheidungsverfahren nach § 920 BGB voraus.
(3) Das Abmarken von Grenzpunkten erfolgt in einem Abmarkungsverfahren. In der Grenzniederschrift wird festgestellt und beurkundet, dass die Position der betreffenden Grenzmarken in der Örtlichkeit mit den nach Absatz 2 bestimmten Grenzpunkten übereinstimmt. § 13 Abs. 2 Satz 1 und § 10 Abs. 3 und 4 gelten entsprechend. Das Abmarkungsverfahren kann gemeinsam mit dem Grenzfeststellungsverfahren oder dem Grenzwiederherstellungsverfahren durchgeführt werden. Die Bekanntgabe der Verfahrensergebnisse kann in einem gemeinsamen Bescheid erfolgen.
(4) Absatz 3 gilt nicht in öffentlich-rechtlichen Bodenordnungsverfahren und Enteignungsverfahren.
(5) Für die Abmarkung von Grenzpunkten sind alle Marken zugelassen, die nach Material, Form und Beständigkeit eine einwandfrei erkennbare und dauerhafte Kennzeichnung gewährleisten. Gebäude-, Mauerecken oder vergleichbare Festlegungen können die Funktion von Marken einnehmen.
(6) Die Vorschriften über die Abmarkung der Landesgrenzen bleiben unberührt.

Par. 33 Ordnungswidrigkeiten
(1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig
1. Ausgaben aus den Datenbanken des amtlichen Vermessungswesens
a) aus dem Bereich des Liegenschaftskatasters oder
b) aus den Bereichen des amtlichen Raumbezugssystems oder der amtlichen Geotopographie verwendet, vervielfältigt, verbreitet oder öffentlich wiedergibt, ohne dazu berechtigt zu sein,
2. Tätigkeiten nach § 17 anbietet oder ausführt, ohne dafür zuständig zu sein,
3. seine Pflicht zur Erhaltung der Grenz- und Vermessungsmarken nach § 25 Abs.2 und 3 verletzt 
4. widerrechtlich eine Abmarkung vornimmt oder
5.widerrechtlich Vermessungsmarken verändert oder beseitigt.
(2) Die Ordnungswidrigkeit nach Absatz 1 Nr. 1 kann mit einer Geldbuße bis zu fünfzigtausend Euro, die Ordnungswidrigkeiten nach Absatz 1 Nr. 2 bis 5 können jeweils mit einer Geldbuße bis zu zwanzigtausend Euro geahndet werden. Widerrechtlich erzeugte Vervielfältigungsstücke können eingezogen werden.
(3) Verwaltungsbehörde im Sinne des § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten in der Fassung vom 19. Februar 1987 (BGBl. I S. 602) in der jeweils geltenden Fassung ist die obere Kataster- und Vermessungsbehörde.

Die Begehung begann um 09.00 Uhr an der Neuen Ausspanne. Im Ergebnis wurden folgend Mängel festgestellt:

  • Grenzstein Nr. 47 von 1844

Der Grenzstein steht nördlich vom Rennsteig, 2,53 m von der Wegeachse des Rennsteiges entfernt und wurde bereits im Jahre 2022 bei Forstarbeiten umgefahren. In der Nähe ist noch ein früherer Holzlagerplatz erkennbar.
Der Grenzstein ist mit relativ geringem Aufwand amtlich wieder herstellbar (Richten und Standortkontrolle)
Die mir zugänglichen Koordinaten sind: Ry: 398.869,56, Hx: 628.018,63.
Der Grenzstein befindet sich 122,51km von Blankenstein und 46,78km von Hörschel entfernt.
Der Rennsteig ist hier auf einer Breite von 4m ausgebaut und auch durch größere Forstfahrzeuge nutzbar.
Eigentümer des Grundstückes ist die herzoglich Sachsen-Coburg-Gothaische Familienstiftung.

       

   

So vorgefunden

Im Jahre 2007

 

  • Grenzstein Nr. 44 von 1725

Der Grenzstein wurde nach dem 13. Juni 2023 (meine letzte Kontrolle) durch Forstfahrzeuge komplett zerstört. Er stand nördlich vom Rennsteig, 2 m von der Wegeachse des Rennsteiges entfernt. Der Grenzsteine sollte wiederhergestellt werden. Ein geeigneter Steinmetzbetrieb ist für diese Aufgabe zu finden. Der Standort müsste amtlich eingemessen werden.
Koordinaten: Ry: 398.713,36, Hx: 628.335,22
Der Stein befindet sich 122,87km von Blankenstein und 46,42km von Hörschel entfernt.
Anfahrt wie vor möglich.
Eigentümer des Grundstückes ist die herzoglich Sachsen-Coburg-Gothaische Familienstiftung.

 so vorgefunden

Bilder von 2007

 

  • Grenzstein Nr. 39 von 1802

Der Grenzstein wurde bei Forstarbeiten nach dem 13. Juni 2023 (meine letzte Kontrolle) umgefahren und ist durch relativ geringen Aufwand amtlich wieder herstellbar (Richten und Standortkontrolle)
Er befindet sich nördlich vom Rennsteig, 2,18m von der Wegeachse entfernt.
Koordinaten: 398.428,09, Hx: 628.659,01.
Der Stein befindet sich 123,31 km von Blankenstein und 45,98 km von Hörschel entfernt.
Anfahrt wie vor möglich.
Eigentümer des Grundstückes ist die herzoglich-Sachsen-Coburg-Gothaische Familienstiftung.

so vorgefunden

16. April 2007

 

  • Grenzstein Nr. 33, Jahr nicht ersichtlich

Der Grenzstein wurde bei Forstarbeiten zwischen September 2022 und Juni 2023 umgefahren und zerbrach in mehrere Teile.
Es handelt sich hierbei um einen Grenzstein, der im Herbst 2011 bereits mit Mitteln der Unteren Denkmalschutzbehörde saniert wurde. Der Umfang der Sanierung ist noch am Stein ersichtlich.
Die Sanierung muss durch einen Steinmetzfachbetrieb erfolgen. Nach erfolgter Sanierung ist der Standort amtlich einzumessen und der Stein neu zu setzen.
Der Grenzstein steht südlich vom Rennsteig, 3,20 m von der Wegeachse entfernt.
Koordinaten: Ry: 398.032,78, Hx: 628.636,97
Er steht 123,68 km von Blankenstein und 45,61 km von Hörschel entfernt auf dem Glasberg.
Anfahrt wie vor.
Eigentümer des Grundstückes ist die herzoglich-Sachsen-Coburg-Gothaische Familienstiftung.

so vorgefunden


08. September 2021


sanierter Grenzstein am 30. Mai 2012

 

  • Grenzstein Nr. 27, von 1725

Der Grenzstein wurde im Zuge forstlicher Wegebauarbeiten (Näglestedter Girn) vor einigen Jahren beseitigt. Die Vorortüberprüfung ergab, dass der ehemalige Standort, 2,75 m südlich der Wegeachse des Rennsteiges jetzt mit in die Forstwegverbreiterung einbezogen wurde.
Es sollte eine amtliche Kontrolle des Standortes erfolgen und durch Grabungen festgestellt werden, ob sich der Grenzstein evtl. noch in oder unterhalb der Wegebefestigung befindet.
Er befand sich südlich vom Rennsteig.
Koordinaten: Ry: 397.486,24, Hx: 628.686,07
Der Stein befand sich 124,27 km von Blankenstein und 44,99 km von Hörschel entfernt am Nägelstedter Girn.
Eigentümer des Grundstückes ist die herzoglich-Sachsen-Coburg-Gothaische Familienstiftung.

   
ehemaliger Grenzsteinstandort am 21.08.2023

      
Nr. 27 im Jahr 2007

       

 

  • Grenzstein Nr. 22 von 1844

Der Grenzstein konnte nach Überprüfung des Standortes liegend, ca. 10cm im Erdreich vorgefunden werden. Eine Sanierung ist durch eine amtliche Standortbestimmung und Aufrichtung des Grenzsteines möglich.
Der Schaden wurde bei Forstarbeiten (Ablagerung von Schadholz, sichtbar) im Laufe des Jahres 2022 verursacht.
Er stand südöstlich 2 m von der Wegeachse des Rennsteiges in einem Graben.
Koordinaten: Ry: 397.321,18, Hx: 628.573,97.
Zufahrt über den ausgebauten Rennsteig möglich.
Eigentümer ist die Stadtverwaltung Schmalkalden.

 
Standort des Grenzsteines, vorgefunden am 21.08.2023

      


2012


2015

Um zukünftig derartige Zerstörungen von denkmalgeschützten Objekten zu vermeiden schlage ich wiederholt folgende Vorgehensweise vor:

  1. Belehrung und Schulung der Forstbediensteten durch die Fachbehörde des Denkmalschutzes im Umgang mit denkmalgeschützten Objekten
  2. Einbeziehung denkmalschutzrechtlicher Formulierungen in die Leistungsverträge mit den Forstdienstleistern, wie weiter oben farblich dargestellt
  3. Einbeziehung vermessungsrechtlicher Formulierungen in die Leistungsverträge mit den Forstdienstleistern wie vor.
  4. Begehungen vor Beginn der Arbeiten und Sicherung der Grenzsteine mit farblich auffällig abgesetzten Pfählen
  5. Farbmarkierungen auf den Grenzsteinen sind unzulässig und denkmalschutzrechtlich nicht vertretbar.
  6. Einholung einer denkmalschutzrechtlichen Genehmigung mit klaren Anweisungen zu Möglichkeiten bei Veränderungen am Denkmal Rennsteig. Der Charakter des Weges muss dabei erhalten und der Schutz des Inventars gewährleistet bleiben, da es sich hierbei um einen seit 1330 gewachsenen Wanderweg mit überregionaler Bedeutung handelt.
  7. Eindeutige Definition der Aufgabenbereiche bei den Denkmalschutzbehörden
  8. Bürgerfreundliche und zeitnahe Bearbeitung von Beschwerden, Eingaben und Anregungen der Bürger bei den Behörden