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Weiß, Günther

* 13. März 1925 in Achelstädt, Kreis Arnstadt

† 14. Oktober 1991 in Scheibe-Alsbach, Kreis Neuhaus am Rennweg    

            

Als Sohn eines Lehrers wurde sein Interesse für die Natur bereits in frühen Jahren gefördert.

Er besuchte von 1932 bis 1942 die Schule in Arnstadt. Nach der Mittleren Reife begann er eine Lehre im Forstamt Katzhütte.

Günther Weiß als Lehrling

Infolge des Krieges musste er 1943 seine Lehre abbrechen und wurde zur Wehrmacht einberufen. Es folgten schwere Jahre in einem Pionierbataillon an der Ostfront. Zwei lebensgefährliche Verletzungen und Gefangenschaft waren das Ergebnis seines Kriegseinsatzes.

Nach der Rückkehr aus der Gefangenschaft schloss Günther Weiß seine Lehre am Forstamt Katzhütte ab.

Ab 1946 besuchte er die im Mai des gleichen Jahres neu gegründete Forstfachschule Schwarzburg. Dort legte er im Jahre 1947 die Försterprüfung ab.

Anschließend wurde er vom Rudolstädter Kreisforstamt als Revierleiter in Scheibe-Alsbach eingesetzt.

Noch 1947 heiratete er die Tochter des dortigen Revierförsters Büttner, Hanna. Mit einigen Unterbrechungen lebte Günther Weiß, seine Frau und seine fünf Kindern im Forsthaus Scheibe.

Forsthaus Scheibe-Alsbach

1947 wurde er für vier Monate zur Borkenkäferbekämpfung nach Erlau abgeordnet.

Nach der Ablegung der Revierförsterprüfung im Jahr 1949 machte Weiß Station in der Jugendoberförsterei Leinefelde, deren Leitung er auf eigenen Wunsch schon zwei Monate später wieder aufgab.

1951 nahm Günther Weiß an einem Lehrgang für Standortkartierung und Waldwirtschaft in Ruhla teil. Daraufhin wurde er 1952 technischer Assistent an der Versuchsabteilung für Forstliche Standortskartierung Jena, die damals von Forstmeister Jäger geleitet wurde.

Im Oktober 1952 wurde Günther Weiß Mitglied im Kulturbund.

Von 1959 bis 1961 belegte er ein Fernstudium an der Fachschule für Forstwirtschaft in Ballenstedt. Dieses Studium schloss er im Jahre 1961 mit „Auszeichnung“ als Forstingenieur ab.

Von 1968 bis 1974 war er Abteilungsleiter für Rohholzerzeugung im damaligen Staatlichen Forstwirtschaftsbetrieb Neuhaus am Rennweg in Katzhütte.

Aufgrund seiner Ziele und Vorstellungen von einem standortgerechten und naturnahen Waldbau, die in der damaligen DDR aufgrund wirtschaftlicher Zwänge nicht zu erfüllen waren, resignierte er und gab im Jahre 1978 seine Tätigkeit als Revierförster auf. Er übernahm die Stelle des Sekretärs des Kulturbundes im Kreis Neuhaus am Rennweg.

Aufgrund der gesellschaftlichen Situation konnte er zwar auch hier nicht seine Fähigkeiten in der Praxis voll umsetzen, trug aber durch seine Arbeit wesentlich dazu bei, dass im Bezug auf Bodendenkmalpflege, Heimatgeschichte, Botanik und Ornithologie wesentliche Impulse seiner nimmermüden Tätigkeit der Region zum Vorteil gereichten. Obwohl er die Möglichkeit hatte, übte der Forstmann Weiß nie die Funktion eines Jägers aus.

So war Weiß maßgeblich an der Errichtung von Naturschutzgebieten im Bereich Scheibe-Alsbach (Löschleite, Großer Farmdenkopf, Wurzelberg) beteiligt.

Er erforschte die Entwicklung der Märbelmühlen im Oberen Schwarzatal. Sein heimatgeschichtliches Engagement galt weiter der keltischen Besiedlung am Bleßberg und der Untersuchung des Streites um die Werra (Saar)- Quelle.

Bei allen neuen Initiativen dürfen wir jedoch die Sicherung und Erhaltung des alten Rennsteiges selbst nicht vergessen. Das verlangt auch eine richtige Einordnung dieser Maßnahmen. In dieser Hinsicht sind wir noch den Generationen nach uns, nicht nur den Lebenden verpflichtet.[1]

Besonders wichtig für die Belange des Rennsteiges waren seine Arbeiten zur Erfassung der historischen Grenzsteine zwischen der Hohen Lach und dem Dreiherrenstein Hoher Heide, die er über 2 Jahrzehnte betrieb.

 

Aus den Aufzeichnungen von Günther Weiß

Einer von vielen Grenzsteinen rund um Neuhaus, die wegen Baumaßnahmen zerstört wurden

 

umgedrückter Grenzstein bei Igelshieb

Grenzstein Nr. 135, Limbach, nicht mehr vorhanden, zerstört beim Bau einr Gasversorgungsanlage

 

die beiden Grenzsteine Nr. 176, der ältere von 1617, der neuere von 1847, bei Siegmundsburg

reparierter und wieder zerstörter Grenzstein bei Neuhaus

 

ehemaliger Schwarzburger Meilenstein, der jetzt in der Nähe der Neuhäuser Postkreuzung steht

Winter in Limbach am Anstieg zum Alsbachberg

Dreistromstein mit beschädigter Spitze

Günther Weiß kontrollierte die Grenzsteine, andererseits aber setzte er sich auch ständig für den Erhalt der Grenzsteine ein. Unter seiner Regie wurden in den von ihm betreuten Abschnitten zahlreiche Grenzsteine saniert und wieder aufgerichtet.

Er scheute sich auch nicht, seine schlechten Erfahrungen, die er beispielsweise mit dem damaligen Liegenschaftsdienst in Neuhaus am Rennweg machte, öffentlich im Freien Wort zu publizieren.

Schon vor einem Jahrzehnt sollte der Rennsteigverlauf in unserem Kreis rekonstruiert, auf die veränderten Transportbedingungen umgestellt werden. Hierzu waren eine Anzahl Steine umzusetzen. Zu diesen Vorschlägen sagte der Liegenschaftsdienst nein. Die Steine waren eingemessen und dürfen nicht versetzt werden. Für eine Neueinmessung wären keine Arbeitskräfte vorhanden.

Und übrigens wurde gefragt, dieser Spaß kommt teuer, wer bezahlt ihn?

Inzwischen hat sich die Arbeitskräftesituation beim Liegenschaftsdienst nicht verbessert. Nur eine stattliche Anzahl von zur Umsetzung vorgeschlagenen Rennsteigsteinen ist inzwischen vernichtet worden, obwohl es wegen ihrer Einmessung so wichtige Punkte waren. Damit hat sich freilich der Arbeitsumfang für den Liegenschaftsdienst erheblich verringert.

Das verstehen die Natur- und Heimatfreunde nicht. Umgesetzt werden darf ein Rennsteigstein nicht, weil der Messpunkt verloren geht. Geht der Messpunkt aber verloren, weil der Stein vernichtet wird, kann man es nicht ändern. Das ist auch vor dem Gesetz nicht strafbar.

Nach der Bildung von landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften mussten einige hunderttausend eingemessener Grenzsteine fallen, um überhaupt die Großflächenbewirtschaftung mit Hilfe der modernen Technik zu ermöglichen. Am Rennsteig jedoch darf noch nicht einmal ein Stein versetzt werden, um seinen kulturhistorischen Wert zu sichern.

Sollte dieser Widerspruch wirklich unlösbar für uns sein?[2]

Günther Weiß an der Schwarzaquelle bei der Wildfütterung

Mit Günther Weiß verliert die Rennsteig, hier besonders die Grenzsteinforschung, eine wichtige Persönlichkeit. Seine Erfassungsergebnisse zählen aufgrund der schwierigen gesellschaftlichen Situation, in welcher Weiß oft als „Heimattümler“ abgestempelt wurde, zu den fundiertesten seiner Zeit.

Otto Schneider vom Thüringerwald Verein Neuhaus am Rennweg am Grab von Günther Weiß auf dem Friedhof Scheibe-Alsbach am 21. Mai 2004

 

[1] Günther Weiß in seinem Artikel Unser Rennsteig- ein Stück Kulturerbe und Zukunft zugleich im Freien Wort vom 24. Februar 1973 (Artikel in 3 Teilen: 1. Teil am 22.02.1973, Teil 2 am 23.02. 1973, Teil 3 am 24.02.1973).

[2] Freies Wort vom 23. Februar 1973. 3- teiliger Fortsetzungsartikel von Günther Weiß. Unser Rennsteig- ein Stück Kulturerbe und Zukunft zugleich. Teil 2.

Bemerkung: Die dargestellten Fotos stammen aus dem Nachlass von Günther Weiß, der mir freundlicherweise von seiner ebenfalls verstorbenen Ehefrau Hanna zur Verfügung gestellt wurde