Der Bilbert
Aus: Constantin Kümpel: Bei den Goldsuchern. Ein kulturhistorisches Bild aus Thüringens Vorzeit. Verlag G. Neuenhahn. Jena 1927. Seite 191-192.
In fernen Landen lebte einst ein hochbetagtes Ehepaar. Es hatte 8 Kinder. Sieben davon waren recht brav und daher bei allen Leuten gerne gesehen und wohlgelitten. Das achte Kind – wir wollen es Dietrich nennen – war ein Tunichtgut. Alle Ermahnungen der Eltern und Geschwister reichten nicht aus, den Knaben vom Verderben zu retten. Grausam und herzlos gegen die Tiere, scham- und gefühllos gegen seine Kameraden, frech gegen die Eltern und Erwachsenen: das waren die Eigenschaften, auf die er sich etwas einbildete. Die Eltern starben aus Gram, die Geschwister jagten den Bengel endlich aus dem Hause.
Aber die Welt sah anders aus, als er sich einbildete. Weil er die Arbeit scheute, so behielt ihn niemand. Der Hunger trieb ihn zum Diebstahl. Er wurde Gewohnheitsdieb und Einbrecher, Räuber und Todschläger. Niemals gelang es, des Verbrechers habhaft zu werden. Viele Jahre lang war er ein Schrecken allerlei Länder. Die zahllosen Schandtaten, die er beging, zermürbten seine Seele, zuletzt aber auch seinen Körper, so dass er keine Kraft mehr fand, Gewalt anwenden zu können.
Da führten ihn seine Irrwege in die Gegend der „Steinernen Heide“. Er hörte, dass es hier Gold gab. Am Sandberg des Göritztales fand er in den Trümmern der eingestürzten Sandsteinwand eine Höhle. In diese kroch er hinein und überlegte es sich, auf welche Weise er einen Raub ausführen könne, ohne allzu viele Kraft anwenden zu müssen.
Endlich hatte er einen Plan. Sobald es dunkel wurde, zog er einen Draht über den Weg, der viel von Handelsleuten begangen wurde. In der Höhle war dieser Draht mit einer Klingel versehen. Wenn nun jemand des Weges kam und an den Draht stieß, so kam er zu Fall. Dabei klingelte es aber in der Höhle. Dietrich sprang dann herbei und raubte den Gestürzten aus, noch ehe er recht zur Besinnung kam.
Diese Überfälle glückten viele Wochen lang und niemand auf der „Steinernen Heide“ getraute sich mehr, den gefährlichen Weg zu gehen. Da fielen die Leute in der bedrohlichen Gegend auf die Knie und baten Gott in ihrer Not, sie von dem Scheusal zu erlösen. Und Gott half.
In der Nacht erhob sich ein furchtbarer Sturm und trieb über der „Steinernen Heide“ alle Gewitterwolken zusammen. Ununterbrochen fielen feurige Schlangen vom Himmel. Der Regen goss in Strömen und alle Leute glaubten, die Welt gehe unter. Ein gewaltiger Blitz schlug in den Sandberg, warf die Steinblöcke durcheinander und versperrte Dietrich den Ausweg. In die Höhle aber strömte das Wasser und bereitete dem Unhold endlich den Tod. Der Brunnen aber, der unten am Sandberg quillt, heißt heute der Bilbertsbrunnen. An ihm heftet der Glaube, dass sein Wasser von allen Gebresten des Körpers befreie, wie Gott über ihm einst die „Steinerne Heide“ von einem Schrecken erlöst habe.
Der Teufel beim Brand von 1804
(Sage aus Steinheid)
Bei dem Brande im Jahre 1804 wurde beinahe das ganze Dorf ein Opfer des Feuers. Nur einige Häuser blieben übrig – und das kam so:
Als das Feuer auch auf diese letzten übergreifen wollte, ritt plötzlich ein Reiter auf schwarzem Ross einher und umkreiste die Häuser. Da hörte das Feuer auf. Der Reiter aber setzte mit seinem Rosse in großem Sprunge über die Antruf und verschwand unter Blitz, Donner und Schwefelgestank hinter dem Petersberg, seither heißt das Tal Teufelsgrund.
(Der „Teufel“ soll ursprünglich ein Spitzname für einen gewissen Eichhorn gewesen sein, der den Brand, um die letzten Häuser gehend „besprach“)
Die Frau am Hölzlein
(Sage aus Steinheid)
Auf den Wiesen am Hölzlein wurden einmal von einer Frau unbefugter Weise Grenzsteine versetzt.
Seit ihrem Tode treibt sie als Geist auf jenen Wiesen ihr Wesen, indem sie mit einer langen Stange messend einherschreitet.
Naht ihr aber jemand, so verschwindet sie plötzlich im Dunkel des Waldes.
Die verschüttete Goldader an der Fuchswand
(Steinheider Sage, nach H. Leuthäußer)
Vor langen Jahren lebte in Steinheid ein Bergmann bei seinen zwei Söhnen, mit denen er oft im Streit lag.
Da beschloss er, zu seiner Tochter nach Steinach zu ziehen. Der eine Sohn wanderte kurz darauf in die Fremde, der andere aber blieb in Steinheid und söhnte sich auch wieder mit seinem Vater aus. Als dieser nun auf dem Totenbette lag, ließ er seinen Sohn aus Steinheid kommen und vertraute ihm heimlich an:
Drüben über der Grümpen auf der Siegmundsburger Seite, läuft ein Wasser dem Berg hinab. Seine Quelle liegt unter der Vierhäuser Tanne. Fünf Schritte über dieser Tanne habe ich vor Jahren eingeschlagen und eine reiche Goldader entdeckt, die so ergiebig ist, dass man den ganzen Waldteil davon kaufen kann. Ich habe den Ort wieder verschüttet und dem Berggericht nicht gemeldet. Hätten wir uns nicht entzweit, so hätten wir zusammen die Fundstelle heimlich ausgebeutet. Allein konnte ich es nicht wagen. Nun siehe du zu, ob du Glück damit hast.
Der junge Bergmann schritt wenige Tage später seine fünf Schritte ab, schlug ein, fand aber nichts als taubes Gestein.
Der Goldsegen war dahin. Die alte Tanne aber, steht jetzt noch über der Quelle und ist ein uralter, riesig hoher Baum.